Aufmerksam und mit viel Interesse hörte das Publikum Verena Sägesser zu, die aus ihren Büchern vorlas. Für eine musikalische Umrahmung sorgte das Trio «Frouwenzimmer».
«Bücher haben in meinem Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt.» Dies sagte Verena Sägesser zur Einleitung ihrer Lesung in der Kirche Rüderswil. Mehr noch: Bücher seien in ihrer Jugend wichtiger als Spiel und Sport gewesen: «Während die anderen Kinder Skifahren gingen, habe ich gelesen. Und für den Fall, dass mein Vater das Licht löscht, hatte ich immer eine Taschenlampe dabei.» Bald sei es für sie klar gewesen, dass sie Schriftstellerin werden wollte. Und Verena Sägesser hat sich diesen Traum selbst auf eindrucksvolle Weise erfüllt. Vor ihr auf dem Tisch liegen mehrere von ihr selbst verfasste Bücher. Aber bevor die Literatin aus Wasen den ersten Band aufschlug, erzählte sie davon, wie sie als Kind regelmässig nach Rüderswil kam: «Jedes Jahr besuchte meine Grossmutter mit uns den Friedhof in Rüderswil. Auf dem Bänkli vor der Kirche gab es dann ein Picknick.» Anschliessend folgte der lang erwartete Höhepunkt des Tages: der Besuch der Wollhandlung im Jakobhaus! «Wollläden und Buchhandlungen sind für mich magische Anziehungspunkte», gestand Verena Sägesser.
Frauenschicksale
In ihrem Buch «Tapfer und mutig» erzählt die Bücherfreundin von Frauen, die sie während ihrer Arbeit als Sozialpädagogin kennengelernt hat. In einem Heim begegnet sie der Russin Natascha, die unter Gewalt gelitten hat und hier Zuflucht fand. Bei einer Theateraufführung hätte Natascha die schöne Helena aus der griechischen Mythologie spielen sollen. Kurz vor dem grossen Moment hat sie sich aber betrunken. Zum Glück ist es gelungen, sie mit Essen und Wasser wieder auf die Beine zu bringen, doch unmittelbar vor der Aufführung hat sie abermals zum Alkohol gegriffen. Eine Stellvertreterin hat dann ihr weisses Kleid angezogen und ihre Rolle in letzter Minute übernehmen können! Im Buch «Sieben Jahre Knast» lernten die Zuhörerinnen und Zuhörer Olivia kennen, eine junge und lebensfrohe Frau, die wegen eines Banküberfalls im Gefängnis landet und in ihrer tristen Zelle von Freiheit und Liebe träumt.
Das letzte Buch, das Verena Sägesser vorstellte, «Briefe aus Canada», erzählt die Geschichte eines Auswanderers aus dem Emmental, der in Kanada ein neues Zuhause fand. Nach vielen Jahren fragte ihn ein Freund, der mit ihm einen Briefkontakt aufrecht erhielt, weshalb er nie seine alte Heimat besucht habe. Der Auswanderer antwortete: Er hätte dann wieder dasselbe Heimweh bekommen wie damals, als er das Emmental verliess!
Lieder aus verschiedenen Epochen
Ruth Santos-Martin, Sandri Schneider und Lisa Eggimann bilden zusammen das A-Capella-Trio «Frouwenzimmer». Mit ihren klaren Stimmen und mit harmonischen Akkorden bereicherten sie den Abend mit vielen musikalischen Farbtupfern. Der ungewöhnliche Name sei eine Anspielung darauf, dass sie Lieder aus verschiedenen Epochen und Stilen singen, betonten die Sängerinnen aus Rüderswil. Einen langen Applaus erhielten sie für ihre Version des «Trueberbueb», den sie in neuer Frische, mit schönem Dreiklang und mit überraschenden Tempowechseln vortrugen. sbr